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Mein Erbe spenden: Was muss ich beachten?

Dr. Christoph Degen im Interview

Es ist eine schöne Vorstellung, dass das im Leben erwirtschaftete Geld irgendwann einem gemeinnützigen Zweck zugutekommt. Viele Menschen erwägen deshalb, ihr Erbe zu spenden oder zu stiften. Über das Thema „Mein Erbe spenden“ hat erbrechtsinfo.ch mit Dr. Christoph Degen gesprochen, der sich als Partner bei der DUFOUR Advokatur AG in Basel und als Geschäftsführer von proFonds, dem Dachverband gemeinnütziger Stiftungen der Schweiz, seit über dreissig Jahren mit Stiftungen, gemeinnützigen Organisationen und Vereinen beschäftigt.

Auch in seiner Kanzlei in Basel befasst sich Degen mit Wirtschaftsrecht, dem Recht der Stiftungen und Non-Profit-Organisationen sowie dem Erbrecht. Im Interview erklärt er, welche Möglichkeiten es gibt, das eigene Erbe zu spenden, welche Schritte man dafür setzen muss und warum es Vorteile hat, eine Stiftung bereits zu Lebzeiten zu errichten.

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Dr. Christoph Degen

Rechtsanwalt für Erbrecht

Ihrer Erfahrung nach – Was bewegt manche Menschen dazu, ihr Erbe zu spenden?

Ich möchte diese Frage in zwei Richtungen ausdehnen: 1. Manche Menschen spenden nicht ihr ganzes Erbe, sondern «nur» einen Teil davon. 2. Es geht nicht nur darum, das Erbe zu spenden, sondern auch, es zu stiften.

Dafür gibt es verschiedenste Gründe: Im Vordergrund steht die Motivation, etwas Sinnvolles und Gemeinnütziges für die Gesellschaft zu tun. Es kommen spezifische, familiäre Gründe hinzu. Oft spenden oder stiften Menschen eine ganze Erbschaft, wenn sie keine Nachkommen und keinen überlebenden Ehegatten haben.

Damit wird verhindert, dass die Erbschaft zersplittert wird und an eine grössere Zahl von weit entfernten Verwandten geht. Wenn es gar keine Verwandten gibt, würde die Erbschaft an das Gemeinwesen fallen, das gilt es jedenfalls zu verhindern. Manche vereinbaren auch mit dem Ehegatten, dass erst der Zweitversterbende den Nachlass spendet oder stiftet.

Welche Möglichkeiten gibt es, ein Erbe zu spenden?

Meinen Nachlass kann ich einer oder mehreren existierenden gemeinnützigen Organisationen zuwenden. Davor überlege ich mir, was mir am Herzen liegt – zum Beispiel etwas Humanitäres, Soziales, etwas im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Medizin, Kultur oder Umwelt – und spende dann an Organisationen, die diese Ziele verfolgen.

Die andere Möglichkeit ist, auf den Todesfall hin eine Stiftung zu errichten, die einen gemeinnützigen Zweck hat. Diese Stiftung kann über mein Ableben hinaus diesen Zweck verfolgen.

Die viel attraktivere und beglückendere Variante ist, bereits zu Lebzeiten eine Stiftung zu errichten und ihr einen Teil des Vermögens zuzuwenden. Im Todesfall bekommt sie dann den Nachlass oder einen Teil davon. So kann ich als Stifter oder Stifterin mitverfolgen, wie sich diese Stiftung entwickelt und welche sinnvollen, schönen Dinge sie tut oder fördert.

Wenn ich ein Testament oder einen Erbvertrag verfasse und es darum geht, eine oder mehrere gemeinnützige Organisationen zu berücksichtigen, habe ich zwei Möglichkeiten: Ich kann sie als Erbin oder Erbinnen einsetzen oder ihnen ein Vermächtnis bzw. Legat aussetzen.

Welche Schritte muss ich setzen, damit mein Erbe gespendet werden kann?

Ich muss ein Testament oder einen Erbvertrag verfassen. Da ich mit Stiftungen und anderen Non-Profit-Organisationen als Erblasser nicht verwandt bin, sind sie keine gesetzlichen Erben. Ich muss sie also als Erbinnen einsetzen, damit sie etwas bekommen.

Das Testament verfasse ich einseitig und ordne an, was ich mir in Bezug auf meine Erbfolge vorstelle. Es ist möglich, das Testament später zu widerrufen oder anzupassen.

Den Erbvertrag schliesse ich mit einer anderen Person ab, zum Beispiel mit dem Ehepartner oder der Ehepartnerin, darin sichert man sich verbindlich gewisse Dinge zu. Beispielsweise, dass beim Tode des ersten Ehegatten alles dem überlebenden zufällt und das Erbe erst dann, wenn der zweite stirbt, an gemeinnützige Organisationen geht. Dieser Vertrag kann nicht mehr einseitig geändert werden.

Wenn ich ein Testament oder einen Erbvertrag verfasse und es darum geht, eine oder mehrere gemeinnützige Organisationen zu berücksichtigen, habe ich zwei Möglichkeiten: Ich kann sie als Erbin oder Erbinnen einsetzen oder ihnen ein Vermächtnis bzw. Legat aussetzen.

Der Unterschied ist, dass ein Erbe den Nachlass mit allem, was dazugehört, erbt. Er haftet also auch für die Schulden des Erblassers. Beim Legat bzw. Vermächtnis bekommt der Vermächtnisnehmer oder die Vermächtnisnehmerin einen konkreten Geldbetrag, Vermögensteil oder Gegenstand, zum Beispiel ein bestimmtes Kunstwerk oder eine konkrete Immobilie.

Ist es also besser, einer gemeinnützigen Organisation ein Vermächtnis zu hinterlassen als eine Erbschaft?

Für gemeinnützige Organisationen kann es angenehm sein, einen bestimmten Betrag als Vermächtnis zu erhalten, da sie sich dann nicht darum kümmern müssen, ob die Erbschaft überschuldet ist. Bei einer Erbschaft muss die Organisation prüfen, ob es mehr Vermögen als Schulden gibt, ansonsten müsste sie die Erbschaft ausschlagen. Es gibt aber viele Fälle, in denen es klar ist, dass mehr an Vermögen als an Schulden existiert und in denen die Organisation ohne Probleme die Erbschaft annehmen kann. Für gemeinnützige Organisationen ist es also grundsätzlich kein Problem, als Erbin eingesetzt zu werden.

Welche Schritte muss ich setzen, um eine Stiftung zu errichten?

Im Testament oder im Erbvertrag muss ich angeben, dass ich auf den Todesfall hin die Stiftung X errichte, sowie deren Zweck nennen. Ich muss auch angeben, ob diese Stiftung meine Erbin – Allein- oder Miterbin – sein soll oder ob sie ein Vermächtnis bekommt. Ausserdem sollte ich auch noch die zwei, drei wichtigsten Punkte in Bezug auf die Organisation regeln. Ich sollte dann einen Testamentsvollstrecker einsetzen, der sich darum kümmert, dass die Stiftung auch tatsächlich errichtet und danach operativ wird.

Oder ich gründe die Stiftung schon zu Lebzeiten. Dann verfasse ich die Stiftungsstatuten und gehe zum Notar, der diese verurkundet und in ein öffentliches Register einträgt. Die Stiftung beginnt dann zu arbeiten und wird später durch Testament oder Erbvertrag als Erbin oder Vermächtnisnehmerin eingesetzt.

Wie wirkt sich der Pflichtteilsschutz auf die Spende aus?

Die Pflichtteile der pflichtteilsgeschützten Erben sind selbstverständlich zu respektieren. Das heisst, dass der Erblasser nicht nach Belieben seinen Nachlass spenden oder stiften kann, sondern nur im Ausmass seiner frei verfügbaren Quote. Pflichtteile haben die Nachkommen, der überlebende Ehegatte und – wenn es keine Nachkommen gibt – auch die Eltern. Wird deren Pflichtteil durch eine zu grosse Spende verletzt, haben sie die Möglichkeit, eine Herabsetzungsklage einzureichen, um so viel zu verlangen, dass der Pflichtteil wiederhergestellt ist. Der Pflichtteilsschutz begrenzt die Möglichkeiten, frei über den Nachlass zu verfügen.

Derzeit wird das Erbrecht erneuert, vorgesehen ist, dass der Pflichtteil der Eltern abgeschafft wird. Bei den Nachkommen wird der Pflichtteil gekürzt. Bis jetzt betrug ihr Pflichtteil drei Viertel ihres gesetzlichen Anspruchs, künftig beträgt er nur noch die Hälfte. Das erweitert die Möglichkeit, gemeinnützige Organisationen zu berücksichtigen.

Ich empfehle, die Stiftung schon zu Lebzeiten zu errichten, damit die Stifter die gemeinnützige Tätigkeit ihrer Stiftung noch mitverfolgen und bestimmen können, was mit den Mitteln gemacht wird

Wann empfiehlt sich die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen oder zu Lebzeiten?

Aus Sicht der Nachlassplanung zum Beispiel dann, wenn keine Nachkommen da sind und erst recht dann, wenn auch kein Ehegatte da ist und der Nachlass sonst an entferntere Verwandte oder das Gemeinwesen ginge. Eine Stiftung zu errichten ist aber auch dann sinnvoll, wenn jemand möchte, dass sein Vermögen gemeinnützig verwendet wird. Beim Spenden des Erbes geht das Erbe nach dem Tod in einem Zug auf die gemeinnützige Organisation über. Im Gegensatz dazu kann eine Stiftung über viele Jahre hinweg gezielt bestimmte gemeinnützige Organisationen oder Projekte unterstützen.

Oft errichten Personen, die beruflich erfolgreich waren und das Bedürfnis haben, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, eine Stiftung. Ich empfehle, das schon zu Lebzeiten zu tun, damit die Stifter die gemeinnützige Tätigkeit ihrer Stiftung noch mitverfolgen und bestimmen können, was mit den Mitteln gemacht wird. Stirbt diese Person später, wissen die anderen Stiftungsräte, welchen Kurs die Stiftung verfolgt hat.

Erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen errichten auch deswegen Stiftungen, weil sie nach der Erwerbstätigkeit weiterhin mitgestalten und -lenken möchten, nicht mehr im wirtschaftlichen, sondern im gemeinnützigen Bereich.

Kann ich bestimmen, wofür eine gemeinnützige Organisation mein Erbe verwendet?

Ja, ich kann eine sogenannte Auflage machen. Ein Beispiel: Ich vergebe ein Vermächtnis an den Zoo Basel für ein neues Giraffenhaus. Die Auflage ist verbindlich. Wenn ich zu Lebzeiten etwas spende, kann ich rechtlich darauf beharren, dass die Auflage erfüllt wird. Wenn sie dennoch nicht erfüllt wird, kann ich die Schenkung zurückverlangen. Im Erbfall kann auch ein Testamentsvollstrecker verlangen, dass die Auflage umgesetzt wird.

Ich muss aber keine Auflage machen. Ich kann auch anordnen, dass die bedachte Organisation die Spende, die Erbschaft oder das Vermächtnis im Rahmen ihres gemeinnützigen Zwecks frei verwenden darf.

Muss ich die Spende zuvor mit der Organisation abklären?

Man muss das nicht tun, aber es kann im Einzelfall sinnvoll sein. Ich kann zum Beispiel mit der Organisation darüber sprechen, ob ich eine Auflage machen soll oder nicht.

Es könnte sein, dass die Organisation viele Projekte am Laufen hat und die Spende lieber ohne Auflage dafür einsetzen würde, es kann aber auch sein, dass sie das Vermächtnis für ein bestimmtes Projekt erhalten möchte.

Muss die Organisation bei einer Spende Erbschaftssteuer bezahlen?

Nein, wenn die Organisation anerkannt gemeinnützig und dadurch steuerbefreit ist. Wenn sie von einer lebenden Person eine Spende bekommt, muss sie auch keine Schenkungssteuer zahlen.

Rechtstipp: Was raten Sie Menschen, die ihr Erbe spenden wollen?

Ich rate, sich reiflich zu überlegen, was das eigene gemeinnützige Anliegen ist und in welchem Bereich es liegt. Auch sollte man überlegen, ob man einer oder mehreren Organisationen die ganze Erbschaft oder ein Teil davon überlässt, ob man eine Auflage macht, ob man eine Erbschaft oder ein Vermächtnis zuwendet oder ob man durch die Errichtung einer Stiftung eine dauerhafte Förderung ermöglichen möchte. Wenn diese Fragen geklärt sind, muss man die Zuwendung in der richtigen Form niederschreiben – als Testament, Erbvertrag oder Stiftungsurkunde.

Wie können Sie – als Anwalt im Erbrecht – Personen helfen, die ihr Erbe spenden möchten?

In einer ersten Runde werde ich mit dieser Person die Absichten klären und die zuvor erwähnten Fragen – welches Anliegen will man unterstützen, möchte man vererben, vermachen oder stiften, etc. – erörtern. In diesem Beratungsgespräch sollen sich klare Absichten und Anliegen herauskristallisieren, die danach in die richtige Form gebracht werden.

Auch kann ich einen Erbvertrag entwerfen oder Vorlagen für das Testament verfassen, die man anschliessend mit eigener Hand abschreiben kann. Ich bin seit dreissig Jahren nicht nur im Erbrecht, sondern auch im Stiftungsrecht tätig. Ich kann also auch Stiftungsurkunden entwerfen und alles erledigen, was es für die Errichtung einer Stiftung braucht, einschliesslich der Vorabklärung, ob die Stiftung als gemeinnützig anerkannt und steuerbefreit werden wird.

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Dr. Christoph Degen

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