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Ratgeber & Vergleich: Testament oder Erbvertrag?

Es gibt nach dem Schweizer Erbrecht unterschiedliche Möglichkeiten den Nachlass noch zu Lebzeiten zu planen. Mit Abstand am verbreitetsten ist die Nachlassplanung über ein Testament oder einen Erbvertrag. Dabei handelt es sich um sogenannte Verfügungen, die bestimmen, wer im Todesfall was erben soll. In diesem Beitrag erfahren Sie, was ein Testament und ein Erbvertrag eigentlich sind, welche Unterschiede es gibt und wofür Sie sich in Ihrer Situation eher entscheiden sollten.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Welche Möglichkeiten der Nachlassplanung gibt es?

Stirbt ein Mensch, so geht sein Vermögen an die Erben über. Das ist nicht nur in der Schweiz so, sondern fast überall auf der Erde gängige Praxis. Sofern der Erblasser seinen Nachlass nicht individuell plant, gilt die gesetzliche Erbfolge.

Die gesetzliche Erbfolge bestimmt sich nach dem Zivilgesetzbuch und teilt die Erben in unterschiedliche “Parentele” ein. Je enger die Beziehung zwischen Erben und Erblasser, umso höher ist regelmässig der Erbanspruch. In vielen Fällen führt die gesetzliche Erbfolge jedoch zu einer unbilligen bzw. ungünstigen Erbverteilung. Deshalb sieht der Gesetzgeber vor, dass Menschen durch eine Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen dürfen.

Die bekanntesten Arten seinen Nachlass zu planen, sind der Erbvertrag und das Testament. Diese können durch den Erblasser ausgearbeitet werden und sind anschliessend rechtswirksam. Im Zuge der Vertragsfreiheit kann in einer solchen Verfügung grundsätzlich frei bestimmt werden, wer erbt und wer nicht. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus dem Gesetz – z.B. Anspruch auf den Pflichtteil.

Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag

Das Testament wird am häufigsten genutzt und erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Die rechtliche Grundlage für ein Testament ergibt sich aus dem Art. 498 ff. ZGB. Es ist wichtig zu wissen, dass ein Testament eine einseitige Verfügung ist. Das bedeutet, dass der Erblasser das Testament alleine errichten kann. Sobald es formal korrekt bestimmt ist, ist es wirksam. Es muss keine dritte Partei zustimmen oder ähnliches. Durch diesen Umstand ist es dem Erblasser jederzeit möglich, das Testament zu ändern oder sogar vollständig aufzuheben. Es gibt drei Arten von Testamenten:

Demgegenüber steht der Erbvertrag. Der Erbvertrag ist gesetzlich in Art. 494 ZGB normiert und eine mehrseitige Verfügung. Das bedeutet, dass der Erblasser hier nicht alleine entscheiden und verfügen kann. Es handelt sich um einen “echten” Vertrag, der zwischen Erblasser und Erben geschlossen wird. Alle Parteien müssen dem Vertragsinhalt zustimmen – andernfalls ist der Erbvertrag nicht wirksam. Selbiges gilt für etwaige Änderungen. Einer Änderung eines Erbvertrags müssen alle Vertragsparteien zustimmen.

Der Erblasser kann auch nicht ohne Weiteres vom Erbvertrag zurücktreten bzw. ihn für ungültig erklären lassen. Die entsprechenden Regelungen finden Sie in den Artikeln 513 bis 515 ZGB. Das schafft einerseits eine höhere Bindungswirkung, nimmt dem Verfügenden jedoch auch seine Flexibilität. Wenn Sie einen Erbvertrag schliessen möchten, dann ist stets das Hinzuziehen eines Notars unumgänglich. Dieser muss Ihren Erbvertrag notariell beurkunden (ebenfalls bestätigt durch zwei Zeugen).

Testament oder Erbvertrag? Wofür sollte man sich entscheiden?

In der Praxis stehen die Verfügenden häufig vor dem Problem, dass sie sich für eine der beiden Varianten entscheiden müssen. Sollten Sie besser ein Testament errichten oder einen Erbvertrag schliessen? Diese Frage kann keinesfalls pauschal beantwortet werden. Ob ein Testament oder ein Erbvertrag sinnvoller ist, hängt einzig und allein von Ihrer individuellen Situation ab. Beide Arten den Nachlass zu planen, haben ihre Vor- und Nachteile. Am Ende müssen Sie selbst entscheiden, was besser zu Ihrer Gesamtsituation passt. Es macht in diesem Zuge häufig Sinn, sich anwaltlich beraten zu lassen!

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Wann ist der Erbvertrag zu bevorzugen?

Der Erbvertrag ist immer dann sinnvoll, wenn eine Vereinbarung besonders verbindlich sein soll. Ausserdem gibt es die Möglichkeit, dass eine Erbschaft durch einen Erbvertrag an bestimmte Auflagen bzw. Bedingungen geknüpft wird. Der Erblasser hat hier einen grossen Gestaltungsspielraum und kann auf seine Situation angepasste Regelungen treffen. Gleiches gilt dann, wenn beispielsweise ein Pflichtteilsanspruch umgangen werden soll – mit einem Testament ist das nicht möglich. In einem Erbvertrag können beispielsweise die gemeinsamen Kinder auf die Pflichtteilsansprüche verzichten, damit der Ehepartner zum Alleinerben werden kann.

Änderungen nur einvernehmlich möglich

Bevor Sie einen Erbvertrag schliessen, sollten Sie sich jedoch zu 100 Prozent sicher sein, dass die Verfügung auch auf Dauer Ihrem Willen entspricht. Änderungen sind nur einvernehmlich möglich und Sie können sich nicht ohne Weiteres vom Vertrag lösen.

Wann ist ein Testament optimal für die Nachlassplanung?

Das Testament ist die passende Verfügungsform, wenn Sie lediglich von der gesetzlichen Erbfolge abweichen möchten, ohne dabei komplexe Regelungen aufzustellen. Hierbei gilt es zu beachten, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden müssen. Sie können zum Beispiel kein Kind durch ein Testament enterben (zumindest so lange kein gesetzlicher Enterbungsgrund vorliegt). Der Pflichtteilsanspruch besteht regelmässig. Das Testament kann einseitig errichtet werden, weshalb es keine “Vertragsparteien” – wie bei einem Erbvertrag – gibt.

Wichtig:

Wenn Sie also nur von der Erbquote nach Gesetz abweichen möchten, dann kann das Testament eine vergleichsweise unbürokratische Möglichkeit sein, eine Verfügung von Todes wegen aufzusetzen.

Dadurch, dass das Testament eine einseitige Erklärung ist, kann es keine Dritten zu einem bestimmten Verhalten verpflichten. Die Erbschaft ist somit bedingungslos. Wichtig ist, dass das Testament richtig aufbewahrt wird. Sie sollten sichergehen, dass es nach Ihrem Tod gefunden wird, da es sonst keine Wirkung entfalten kann. 

Testament und Erbvertrag gleichzeitig? Möglichkeiten und Rechtsfolgen

Es kommt in der Rechtspraxis gelegentlich vor, dass ein Erblasser ein Testament und einen Erbvertrag gleichzeitig errichtet bzw. geschlossen hat. Das ist besonders dann problematisch, wenn die eine Verfügung der Anderen widerspricht. Konkret bedeutet das, dass Testament und Erbvertrag unterschiedliche Regelungen zu derselben Sache enthalten. Sollten sich die Regelungen auf unterschiedliche Sachen beziehen, dann können Erbvertrag und Testament nebeneinander bestehen bleiben. Das ist beispielsweise dann so, wenn sich der Erbvertrag auf ein Ferienhaus und das Testament auf die Kunstsammlung bezieht.

Fraglich ist: Was passiert, wenn im Testament steht, dass der A das Ferienhaus bekommt, während im Erbvertrag vereinbart wurde, dass diese Haus an den B gehen soll? Allgemein gilt der Grundsatz, dass der Erbvertrag eine höhere Bindungswirkung hat und stets vorrangig zum Testament gültig ist. Die rechtliche Einordnung kommt aber auf den Zeitpunkt an, zu dem Testament und Erbvertrag geschlossen wurden. Deshalb betrachten wir nun die zwei Möglichkeiten der zeitlichen Abfolge von Testament und Erbvertrag:

Zuerst Testament, dann Erbvertrag

Ein Beispiel: A errichtet 2010 ein Testament, in welchem festgelegt wird, dass seine Ehefrau B 50 % des Nachlasses erben soll. 2013 lassen sich A und B scheiden. 2015 lernt A die C kennen. Die beiden heiraten im Sommer 2018 und 2020 schliessen sie einen Erbvertrag darüber, dass C als Alleinerbin eingesetzt wird. Das Testament von 2010 existiert weiterhin. In diesem Fall ist es eindeutig: Der Abschluss des Erbvertrages wird als Aufhebung des Testaments gewertet. Da das Testament einseitig geändert, vernichtet oder widerrufen werden kann, entsteht hierbei auch kein rechtliches Problem (s. Art. 511 ZGB).

Zuerst Erbvertrag, dann Testament

Doch wie sieht es aus, wenn die Situation umgekehrt ist? A schliesst 2010 mit seiner Ehefrau B einen Erbvertrag darüber, dass B Alleinerbin werden soll. 2013 lassen sie sich scheiden und 2015 lernt A die C kennen. Beide heiraten im Sommer 2018. 2020 erlässt A ein Testament, nach welchem C 50 % des Nachlasses erben soll. Der Erbvertrag von 2010 existiert immer noch und wurde nicht aufgehoben. Ein Erbvertrag ist nicht einseitig änderbar. Er wird nicht durch ein widersprechendes Testament ungültig.

Wäre dem so, könnte sich der Erblasser durch die Errichtung eines Testaments von den Regelungen des Erbvertrags lösen, ohne dass die Erben etwas dagegen tun könnten. Das widerspricht dem Sinn des Erbvertrags und würde die gewollt hohe Bindungswirkung umgehen. In der Folge ist das 2020 erlassene Testament ungültig. Damit der A eine solche Verfügung von Todes wegen erlassen könnte, müssten sich A und B darüber einigen, dass der Erbvertrag aufgehoben wird. Ohne die Zustimmung der B ist dies also nicht ohne Weiteres möglich.

Wie kann ein Anwalt für Erbrecht helfen?

Wenn Sie Ihren Nachlass rechtssicher planen möchten, ist ein kompetenter Anwalt für Erbrecht der richtige Ansprechpartner. Dieser berät Sie hinsichtlich Ihrer Möglichkeiten eine Verfügung aufzusetzen. Sobald Sie die Frage “Erbvertrag oder Testament” beantwortet haben, unterstützt Sie Ihr Anwalt bei der Formulierung eines entsprechenden Dokuments. Sowohl der Erbvertrag als auch das Testament müssen juristisch korrekt und eindeutig formuliert sein, damit es am Ende nicht zu Missverständnissen oder gar Erbstreitigkeiten kommt.

Sollte es bereits zu spät sein und Sie befinden sich in einer Erbstreitigkeit aufgrund eines uneindeutigen Testaments oder Erbvertrags, hilft Ihnen Ihr Anwalt für Erbrecht zu Ihrem Recht zu kommen. Selbiges gilt, wenn der Erblasser mehrere Verfügungen von Todes wegen hinterlassen hat. Sollten Sie einen Anwalt für ein Testament oder einen Erbvertrag suchen, empfehlen wir Ihnen unsere praktische Anwalts-Suchfunktion zu nutzen. Mit dieser finden Sie schnell und einfach Anwälte für Erbrecht in Ihrer Nähe. Vereinbaren Sie kostenlos einen unverbindlichen Erstberatungstermin und entscheiden Sie sich begründet für Testament oder Erbvertrag.

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FAQ: Testament oder Erbvertrag?

Bei der Frage “Testament oder Erbvertrag?” gibt es keine richtige oder falsche Antwort. Es kommt ganz auf Ihre Lebenssituation an. Da es sich hier um eine bedeutsame Entscheidung handelt, sollten Sie sich im Zweifel durch einen Anwalt für Erbrecht beraten lassen. Der Hauptvorteil eines Erbvertrags ist, dass dieser sehr komplex ausgestaltet werden kann und individuelle Vereinbarungen zulässt. Das Testament hingegen kann leichter geändert oder aufgehoben werden, was dem Erblasser eine gewisse Flexibilität gibt.
Nein. Nach der Rechtsprechung ist es nicht möglich, dass ein Testament einen Erbvertrag aufhebt. Das hat den Grund, dass damit dem Sinn und Zweck zuwidergelaufen werden würde. Der Erbvertrag wird zwischen Erben und Erblasser geschlossen. Die Vereinbarungen sollen verbindlich sein. Könnte das Testament den Erbvertrag aufheben, so könnte sich der Erblasser jederzeit – ohne das Einverständnis der Erben – vom Erbvertrag lösen.
Sollte ein Erblasser mehr als ein Testament errichtet haben und die unterschiedlichen Testamente enthalten verschiedene Regelungen, gilt stets, dass das zeitlich letzte Testament gilt. Das neueste Testament ist also gültig – einzige Ausnahme ist: wenn es sich um eine Ergänzung oder Fortführung eines älteren Testaments handelt, behält das “Alte” seine Wirksamkeit und die Ergänzungen aus dem Neuen werden aufgenommen. Es muss jedoch eindeutig sein, dass es sich um eine Ergänzung / Fortführung handelt.
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Ein Beitrag unserer Online-Redaktion

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